„Clausthaler – Alles, was ein Bier braucht!“ Der alte Marketingspruch aus den 1980er-Jahren hat neue Gültigkeit. Er trifft auch auf das aktuelle Bier aus der Forschungsbrauerei der Technischen Universität Clausthal zu: voller Geschmack bei reduziertem Alkoholgehalt. Ende 2018 hatte Prof. Frank Endres damit begonnen, sich am Institut für Elektrochemie wissenschaftlich mit dem Thema Bierbrauen zu beschäftigen. Inzwischen wird diese Forschung auch überregional wahrgenommen. Einen weiteren Beleg dafür liefert der 23. April, an dem an der TU Clausthal ein Symposium zum Tag des Bieres ausgerichtet wird.
Diese positive Entwicklung wird auch von der Universitätsleitung unterstützt. „Was rund um die Forschungsbrauerei passiert, ist der Inbegriff von Forschung und Innovation“, sagt TU-Präsidentin Dr.-Ing. Sylvia Schattauer. Vor gut sechs Jahren war ein solcher Fortschritt nicht abzusehen. „Zunächst war es eine Garagenidee, Biere mit weniger Alkohol zu produzieren, indem man den Brauprozess verändert“, erinnert sich Prof. Endres. Der habilitierte Physikochemiker, Fachgebiet Grenzflächenprozesse, begann damals damit, Lehrbuchwissen über Bierbrauen in Frage zu stellen. Sein Interesse galt dem Maischprozess, bei dem die im Malz enthaltenen Stärken in fermentierbare Zucker umgewandelt werden. Genauer gesagt ging es um die Temperaturen beim Maischen.
Neues isothermes Hochtemperatur-Maischverfahren verringert Alkohlgehalt
Für gewöhnlich läuft der Maischprozess bei ansteigenden Temperaturen und bis höchstens 72 Grad ab. Dabei ist zwischen 62 und 68 Grad insbesondere das Enzym β-Amylase aktiv. Prof. Endres hingegen machte Versuche bei konstant 72 Grad, bisher ein No-Go beim Maischen. Bei dieser Temperatur ist die β-Amylase kaum aktiv, dafür aber das Enzym α-Amylase. Das Verhältnis von freigesetzten vergärbaren und nicht vergärbaren Zuckern wird dadurch verändert, zudem werden sogenannte Dextrine freigesetzt. „Ein solches isothermes Hochtemperatur-Maischverfahren hat zur Konsequenz, dass ein typisches Pilsner-Bier mit einer Stammwürze von durchschnittlich 11,5 °P, aber einem Alkoholgehalt von nur 2,5 % entsteht“, berichtet der Wissenschaftler von den Ergebnissen. Verwendet man zusätzlich noch dunkles Malz, so lässt sich der Alkoholgehalt auf unter 2 % verringern. Eine sehr interessante Entdeckung, zumal alkoholärmere und alkoholfreie Biere immer beliebter werden. Hinzu kommt, dass das neue Verfahren kürzer ist und so weniger Energie benötigt.
Über seinen Forschungsansatz telefonierte Prof. Endres während der Corona-Zeit mit Prof. Ludwig Narziss, einem weltweit anerkannten Experten im Brauereiwesen aus München. Für Narziss, inzwischen verstorben, bedeutete diese Forschungsrichtung Neuland, aber er bestärkte damals den Clausthaler und sagte: „Machen Sie weiter.“ Inzwischen hat Prof. Endres mehrere Publikationen zum isothermen Hochtemperatur-Maischverfahren herausgegeben, die insgesamt schon mehrere Tausend Mal gelesen wurden. Anfragen für Tagungen folgten. Und auch die Altenauer Brauerei kooperiert inzwischen mit der Forschungsbrauerei der TU Clausthal. Im Rahmen eines Projektes, das über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) gefördert werden soll, soll das alkoholarme Bier für die Allgemeinheit gebraut werden.
Biere mit Hefen aus dem Harz
Neben der Herkunft wird das Bier eine weitere regionale Komponente beinhalten: Hefe aus dem Harz. Seit einigen Monaten wird im Nordharz nach Hefen gesucht. Dabei arbeitet Prof. Endres mit Privatdozent Dr.-Ing. Mathias Hutzler vom Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität und seinem Kollegen Dr. Martin Zarnkow, Lehrbeauftragter an der TU Clausthal, zusammen. Der Experte aus der Nähe von München wird darüber beim Symposium am 23. April (Beginn 16 Uhr, Institut für Elektrochemie) referieren. Über den Einfluss von Hopfen und Hefe auf das Bieraroma spricht Dr. Martin Zarnkow. Komplettiert wird das Symposium durch den Vortrag „Es grüne die Tanne, es wachse das Erz! – Schlaglichter der Harzer Forstgeschichte“ von Dr. forest. Andreas Mölder (Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt) und von den Ausführungen von Prof. Endres und Birgit Fritzsche M.Sc. über „Isothermes Hochtemperaturmaischen“.
Weitere Informationen zum Symposium und Anmeldung (begrenzt auf 30 Plätze):
www.brauerei.tu-clausthal.de
Kontakt:
TU Clausthal
Pressesprecher
Christian Ernst
Telefon: +49 5323 72-3904
E-Mail: christian.ernst@tu-clausthal.de