Sie haben ihren Städten kreative Namen gegeben: Liebhaus, Phantasia, Gutach oder auch Lazytown. Für diese Orte treffen die Oberstufenschülerinnen und -schüler, die jeweils konzentriert vor einem Laptop sitzen, Entscheidungen. All diese Entscheidungen haben einen Bezug zum Thema Energie und Nachhaltigkeit und sind aus finanzpolitischer Sicht zu treffen. Deshalb ist vom „Bürgermeisterspiel“ die Rede. Drei Politik-Grundkurse und ein Erdkunde-Leistungskurs des Goslarer Ratsgymnasiums spielen mit – und sie können dabei sogar etwas verdienen.
Die Auswertung des Spiels fließt in die Forschung der Abteilung „Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomik“ von Professor Roland Menges (Institut für Wirtschaftswissenschaft) ein. Der Wissenschaftler der TU Clausthal beschäftigt sich mit der gesellschaftlichen Akzeptanz der Energiewende. „Im Blickpunkt steht dabei das Dilemma zwischen individueller Nutzenmaximierung auf der einen Seite und der Maximierung des Gemeinschaftswohls auf der anderen“, erläutert Professor Menges.
Folglich geht es beim „Bürgermeisterspiel“ nicht nur um die kurzfristig beste Lösung für eine Stadt, sondern auch um kooperatives, nachhaltiges Verhalten. Immer drei Orte bilden eine Art Metropolregion. Allerdings wissen die einzelnen „Bürgermeister“ nicht, mit wem sie zusammenarbeiten, damit ihre Stadt möglichst floriert. Sie müssen das Verhalten der anonymen Partner abschätzen. Am Ende einer Runde bekommen sie die Ergebnisse angezeigt und können die Erkenntnisse daraus im weiteren Verlauf des Spiels in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Die Ergebnisse der individuellen Entscheidungen sind am Zuzug neuer Bewohner in die Stadt sichtbar. Hierdurch wachsen die Städte und erhalten beispielsweise neue Elektrobusse oder andere öffentliche Einrichtungen. Nach zehn Runden bzw. einer Schulstunde ist das Spiel beendet.
Ökonomie, Ökologie, Nachhaltigkeit und Kooperation – mit all diesen Themen, die sich im „Bürgermeisterspiel“ wiederfinden, identifiziert sich auch das Ratsgymnasium Goslar. So besitzt das Gymnasium seit mehr als zehn Jahren die Auszeichnung „Umweltschule in Europa“, und es besteht eine Kooperation mit dem Energie-Forschungszentrum Niedersachsen in Goslar, an dem die TU Clausthal beteiligt ist. Da lag es nahe, dass die Clausthaler Wirtschaftswissenschaftler ihren Forschungsansatz im Bereich Gamification in der Pilotphase mit rund 80 Schülerinnen und Schülern aus Goslar erproben.
Für die Schulleitung des Ratsgymnasiums um Direktor Hans-Peter Dreß und dessen Stellvertreter Michael Kwasniok könnte die Zusammenarbeit im „Bürgermeisterspiel“ der Auftakt für weitere Projekte mit dem Team um Professor Menges sein. „Es liegt im Interesse der Schülerinnen und Schüler, ökonomisch, verantwortungsbewusst und nachhaltig mit einem Budget umzugehen, wie sie es im Bürgermeisterspiel praktiziert haben“, so Studiendirektor Kwasniok. Um den Anreiz und die Ernsthaftigkeit für das Spiel zu erhöhen, gab es für die besten Teilnehmenden auch einen kleinen Geldbetrag zu gewinnen. „Der Erlös wird für einen guten Zweck, für ein Schulprojekt investiert“, informiert Kwasniok.
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