Faserverbundwerkstoffe werden in Hochleistungsbauteilen für die Luft- und Raumfahrt, im Maschinenbau, der Automobilindustrie sowie im Sportbereich eingesetzt. Dabei überzeugen sie durch ihre exzellenten mechanisch-physikalischen Eigenschaften. Im Bereich dieser Werkstoffe sind sogenannte Prepregs aufgrund ihrer einfachen und guten Verarbeitungsmöglichkeiten besonders gefragt. Ein Prepreg – der Begriff stammt vom englischen Wort pre-impregnated und wird mit vorimprägniert übersetzt – ist ein mit Harz getränktes Fasergewebe.Es weist hohe reproduzierbare Eigenschaften im Halbzeug auf und überträgt dieses Eigenschaftsprofil auf die daraus hergestellten Bauteile. Allerdings gibt es auch einige materialbedingte Nachteile. Diese Probleme wollen Forschende am Clausthaler Zentrum für Materialtechnik (CZM) künftig durch umfangreiche Forschungsarbeiten an einem neuen Großgerät abstellen.
Die Anlage ist an der Technischen Universität Clausthal entwickelt und im Umfang von rund 1,2 Million Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem niedersächsischen Wissenschaftsministerium und der Universität finanziert worden. In der Prepreg-Technologie setzt die Maschine einen neuen, innovativen und zukunftsorientierten Standard. „Ein verbessertes Ausnutzen der Rohmaterialien, das Vermeiden von kontaminierten Abfällen und das Reduzieren des Energieverbrauches stehen dabei genauso im Fokus wie die Entwicklung von hochkomplexen Bauteilen, das Verkürzen von Prozesszeiten und das Verbessern der mechanischen Eigenschaften der Endprodukte“, erklärt Professor Gerhard Ziegmann vom Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik.
Das bisherige Problem bei den Prepregs: Für komplexe Geometrien müssen aus einem kontinuierlich produzierten Halbzeug Bauteilabschnitte herausgetrennt werden, die mit großen Abfallmengen von bis zu 40 Prozent verbunden sind. Diese Abfälle können nicht oder nur mit extrem hohem Aufwand recycelt werden. Somit verschlechtern sie die CO2-Bilanz der Faserverbundanwendungen drastisch. Ferner muss die Lagerung der Halbzeuge bei einer Temperatur von minus 18°C erfolgen, wodurch die Energiebilanz zusätzlich negativ beeinflusst wird.
Die Clausthaler Anlage kehrt nun das Prinzip der Prepreg-Fertigung um – erst der Zuschnitt, dann Imprägnierung und Aushärtung – und löst damit die beschriebenen Probleme. Die Arbeitsweise der Online-Anlage lässt sich in mehrere Stationen untergliedern: Zunächst wird das gelagerte, trockene Halbzeug vollautomatisch in der gewünschten Bauteilform zugeschnitten. Das Restmaterial kann problemlos weiterverwendet oder recycelt werden, da es nicht mit dem reaktiven Harz in Kontakt kommt. Bei Bedarf, etwa bei Natur- oder Aramidfasern, kann die textile Struktur im nächsten Schritt direkt vor der Imprägnierung getrocknet werden, um Feuchtigkeitseinflüsse auszuschließen. Danach wird das Textil bzw. spätere Bauteil präzise mit einem frisch angerührten Harz-Härter-Gemisch imprägniert. Im Zuge der innovativen Auftragsmethode werden Harzabfälle weitgehend vermieden und die Kontamination des Restmaterials verhindert. In der letzten Station erfolgt der kontrollierte Start der chemischen Härtungsreaktion (B-staging), um nachgelagerte Fertigungsschritte zu verkürzen, beispielsweise die finale Formgebung und abschließende chemische Reaktion in einer beheizten Pressstation.
„Der mit der Online-Prepreganlage realisierte Prozess stellt einen Meilenstein für eine ressourcenschonende Fertigung von Hochleistungsbauteilen in vielfältigen Anwendungsfällen dar“, sagen Professor Ziegmann und Doktorand Grigori Oehl. Zukünftige Kooperationen mit Partner:innen aus Industrie und Forschung werden die Optimierung und den zeitnahen Transfer für großtechnische Anwendungen sicherstellen.
Video zu „Innovativer Faserverbundprozess für Leichtbaukonzepte“:
https://video.tu-clausthal.de/film/innovativer-faserverbundprozess-fuer-leichtbaukonzepte_1259.html
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