Das Problem kennt jeder: Vor den Supermarktkassen gerät der Einkauf ins Stocken. Nicht immer garantiert das Anstellen am kürzesten Stau auch die kleinste Wartezeit. Unregelmäßigkeiten führen nicht selten zum Gegenteil, beispielsweise wenn Obst noch einmal nachgewogen werden muss oder die Kreditkarte klemmt. Auch Professor Hanschke, Experte für die Wissenschaft des Wenigerwartens, muss Schlange stehen: „Das liegt an der Theorie: Die Statistik kann zwar Aussagen für die Allgemeinheit treffen, aber nicht über das Einzelschicksal.“ Im Supermarkt sei es am günstigsten, sämtliche Warteschlangen zu einer zusammenzuführen, so wie man es erfolgreich an Flughäfen praktiziert.
Beitrag in der "Süddeutschen Zeitung" gab den Anstoß
Anhand von Mensch-ärgere-Dich-nicht-Figuren und Computeranimationen ließ sich ORF-Redakteurin Nadine Maehs die Clausthaler Warteschlangentheorie im Institut für Mathematik fernsehgerecht verdeutlichen. Die Wienerin war durch einen Beitrag im Magazin „Wissen“ der „Süddeutschen Zeitung“ auf das Thema aufmerksam geworden. Drei Stufen werden unterschieden: Im einfachsten Fall hat man wie in der Automobilindustrie eine getaktete Linie. Ankünfte und Bedienvorgänge laufen synchron ab, Wartezeiten entstehen nicht. Der zweite Fall tritt auf an Skiliften. Die Kunden werden ebenfalls in einem gleichförmigen Takt bedient, fahren aber in unregelmäßigen Abständen vor. Es kann zum Stau kommen. Im dritten Fall unterliegen auch die Bedienzeiten dem Zufall, was die Wartesituation nochmals verschlechtert.
„Diese Unregelmäßigkeiten“, erklärte Wissenschaftler Hanschke vor der Kamera, „lassen sich erfassen und ihre Auswirkungen auf das System und die Warteschlangenlänge beziehungsweise Wartezeit mathematisch ermitteln.“ Aus der Formel wiederum ergeben sich weitreichende Konsequenzen für Industrie und Praxis. So könnten mit Hilfe von Warteschlangentheorie und Simulation Engpässe in Produktionsstraßen erkannt und beseitigt werden.
Dank Clausthaler Forschung sparen Flugzeuge Kerosin
Am Frankfurter Airport, einem der verkehrsreichsten Flughäfen der Welt, hat man sich die Erkenntnisse der Arbeitsgruppe um Professor Hanschke bereits zunutze gemacht. Als Ergebnis einer Clausthaler Simulation wurde 2004 die Flugplanstruktur geändert. Da die Flieger weniger Zeit in der Warteschleife verbringen, konnten 70.000 Tonnen Kerosin jährlich eingespart werden. „Ich bin beeindruckt“, sagte die österreichische Wissenschaftsredakteurin. Bis zum nächsten Samstag wird sie aus mehreren Stunden Rohmaterial - gefilmt wurde auch in der Mensa und im Physikinstitut - einen Beitrag von sechs Minuten Länge zusammenschneiden.
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