Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes „Modularisierung des Flugzeug-Recyclings durch Entwicklung und Erprobung einer mobilen Recyclingeinheit im Aerospace-Sektor“ war es, eine transportable Einrichtung zu entwickeln, mit der die Demontage von Flugzeugen ortsungebunden durchgeführt werden kann. Das Ergebnis wurde nun in Hamburg einer ausgewählten Expertengruppe präsentiert.
„Die mobile Einheit ermöglicht einen schrittweisen Einstieg in ein neues Geschäftsfeld für Flugzeugrecycling in Norddeutschland“, erklärt Dr. Jürgen Glaser, Prokurist der Süderelbe AG, die das Projektmanagement übernommen hat. Alle Partner - die Keske Entsorgung GmbH, das Institut für Aufbereitung, Deponietechnik und Geomechanik (IFAD) der TU Clausthal sowie die STUTE Logistics (AG & Co.) KG - seien stolz, diesen Schritt geschafft zu haben.
Ausgemusterte Flugzeuge werden am Ende ihres Lebens häufig als Ersatzteillieferant auf „Flugzeugfriedhöfen“ oder auch am Rande abgelegener Flugfelder geparkt und ausgeschlachtet. Übrig bleibt in der Regel die Flugzeugstruktur. „Hier setzen wir an“, sagt Marc Keske, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma. „Weltweit gibt es Hunderte ausgemusterter Flugzeuge, die wertvolle Rohstoffe enthalten. Unser Unternehmen ist mit der mobilen Einheit nun in der Lage, Flugzeuge vor Ort zu zerlegen und vorzuzerkleinen, um sie bestmöglich zu verwerten“, erläutert der Unternehmer aus Braunschweig.
Professor Goldmann sieht enormes Potenzial
Gerade das Recycling von Flugzeugen bietet aufgrund der Fülle an verwertbaren Materialien ein besonderes Potenzial für die Rückgewinnung hochwertiger Sekundärrohstoffe. Die hohe Komplexität und die zahlreichen Verbundwerkstoffe in modernen Fliegern stellen jedoch große Herausforderungen an die notwendige Wertschöpfungskette. Daher wurde das Recycling ganzer Flugzeuge - anders als in anderen Branchen - bisher kaum systematisch verfolgt. „Das stoffliche und damit wirtschaftliche Potenzial, das in diesem Ansatz steckt, ist enorm“, unterstreicht TU-Professor Daniel Goldmann und ergänzt: „Von weltweit 24.000 Flugzeugen (Wide Bodies) sind etwa 20 Prozent nicht mehr in Betrieb. In den nächsten 15 Jahren werden jährlich rund 430 Flugzeuge zusätzlich außer Dienst gestellt. Damit ergibt sich ein Recyclingpotenzial von mehr als 456.000 Tonnen, von denen mindestens 60 Prozent (247.000 Tonnen) stofflich verwertbar sind.“ Seit Jahren arbeitet der Harzer Wissenschaftler mit seinem Team an der Erschließung der Stoffpotenziale im Industrie-Recycling. „Wir konnten wichtige Erkenntnisse über die verbauten Stoffqualitäten sowie Wege zu deren optimalen Verwertbarkeit zu gewinnen“, so Goldmann.
Um dieses Potenzial tatsächlich zu heben, ist eine passgenaue Planung und minutiöse Umsetzung unerlässlich. Damit beim Einsatz und Transport der Mobilen Einheit sowie des zu recycelnden Materials auch auf internationaler Ebene alles reibungslos verläuft, hat die STUTE Logistics ein maßgeschneidertes Konzept für die mobile Einheit entwickelt. „Die Logistik ist bei der Frage der wirtschaftlichen Realisierung des Flugzeugrecyclingkonzepts oft das Zünglein an der Waage. Unser Know-how in den globalen Stoff- und Lieferströmen der Luftfahrt und der Recyclingwirtschaft sowie in der Realisierung komplexer Projektladungen hat uns bei der Bewältigung dieser herausfordernden Problemstellung sehr geholfen“, sagt Arne Müller, Projektleiter der Firma.
Nachdem die Mobile Einheit nun erfolgreich vorgeführt wurde, blickt das Projektteam nach vorn. „Unser langfristiges Ziel ist der Aufbau ganzer Wertschöpfungsketten für Flugzeugrecycling in Deutschland. Deshalb haben wir das Projektergebnis nun interessierten Partnern aus der Recycling-, Luftfahrt- und Logistikbranche präsentiert“, erläutert Norbert Steinkemper, Projektleiter bei der Süderelbe AG.
Weitere Informationen: www.suederelbe.de/flugzeugrecycling.html