Der mittelständische Industriebetrieb, der hochveredelte Metallfolien zum Beispiel für die Medizintechnik herstellt, ist seit mehr als 150 Jahren in Eppstein bei Frankfurt angesiedelt. An die Oberharzer Forscher wendete sich das Unternehmen mit einer kniffligen Frage: Wie lässt sich das Werk an seinem Standort, der mitten in der Kleinstadt im hügeligen Taunus gelegen ist, strategisch weiterentwickeln? „Diese Aufgabe der Restrukturierung einer Fabrik bot die Möglichkeit, unsere wissenschaftlichen Methoden und Werkzeuge einzusetzen und zu sehen, ob die Ansätze in der Praxis ankommen“, erläutert Professor Dr. Uwe Bracht, ein Experte auf dem Gebiet der „Digitalen Fabrik“.
In der Simulation und Visualisierung von Fabrik- und Anlagenplanung besitzt das IMAB der TU Clausthal langjährige Erfahrung. „Erster Schritt bei dem Projekt war es, den Betrieb zu fotografieren, zu vermessen und zu skizzieren. Danach haben wir im Abgleich mit vorhandenen Bauzeichnungen ein digitales, dreidimensionales Modell der Fabrik erstellt“, sagt Diplom-Wirtschaftsingenieurin Andrea Spillner. Unterstützt wurde die Projektleiterin dabei von Diplom-Informatiker Dennis Arnhold sowie den Studenten Jan Kellner und Sebastian Alter. Das entwickelte Modell lieferte anschließend die Grundlage für Planungsideen, denn jeder Einfall kann anhand weniger Klicks am Computer visualisiert werden.
Beeindruckt zeigten sich die Vertreter des Auftraggebers bei einem Besuch im Clausthaler Institut insbesondere vom sogenannten Virtual-Reality-Labor. Fabrikanlagen und Produktionsabläufe können auf einer 30 Quadratmeter großen Projektionsfläche dreidimensional präsentiert werden. Noch bevor eine einzige Maschine in der Werkshalle verschoben ist, können die Wissenschaftler dank dreier Leinwände und eines Stereoprojektionssystems in fertigen Hallen umhergehen und Schwachstellen im Materialfluss verbessern.
Eine ganzheitliche Fabrikplanung findet allerdings nicht nur am Computer statt. „Wichtig ist es auch, die Tipps und Verbesserungsvorschläge der Beschäftigten vor Ort zu berücksichtigen“, betont Andrea Spillner. Deshalb absolvierte Student Kellner, der seine Diplomarbeit über das Projekt schreibt, ein vierwöchiges Praktikum in dem Betrieb. „Erst musste ich mich eingewöhnen, aber dann habe ich in persönlichen Gesprächen viel Nützliches erfahren“, berichtet Kellner. Neben Anregungen zur Optimierung der Anlagen ist ihm dabei auch eine Beziehung von Eppstein Foils zum englischen Königshaus zu Ohren gekommen. Die Windsors beziehen nämlich ihr Stanniollametta von der Firma aus Hessen.
Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Uwe Bracht
Institut für Maschinelle Anlagentechnik und Betriebsfestigkeit
Technische Universität Clausthal
Telefon: 05323/72-2201
E-Mail: uwe.bracht@imab.tu-clausthal.de