Auf dem Clausthaler Werkstoffsymposium, das die Technische Universität (TU) zu Ehren der „goldenen Promotion“ von Professor Dr.-Ing. Dr. h.c. Erhard Hornbogen am 13. und 14. Juli in der Aula veranstaltet hat, erinnerte sich der Jubilar: „Eigentlich hatte ich etwa fünf Jahre für meine Doktorarbeit eingeplant. Daher war ich sehr überrascht, als ich nach einem Jahr schon meine Ergebnisse aufschreiben und kurz danach die Dissertation einreichen konnte.“
Vor 50 Jahren dann, im Sommer 1956, promovierte der heute 76jährige Hornbogen, der zuvor in Clausthal auch studiert hatte, mit seiner Entdeckung an der damaligen Bergakademie.
„Meine schnelle Promotion im Alter von 26 Jahren schenkte mir weitere Jahre“, so der Geehrte. Diese nutzte er, um Forschungserfahrungen im Ausland zu sammeln: Direkt nach seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent in Clausthal fand er 1958 eine Anstellung als Forschungsingenieur bei der US Steel Corporation in Monroeville, PA, USA. Nach fünf arbeitsreichen Jahren, inzwischen sprach der gebürtige Thüringer perfekt Englisch, kehrte Hornbogen nach Deutschland zurück und habilitierte sich 1964 an der TH Stuttgart über den „Einfluss von Gitterbaufehlern auf die Keimbildung in Festkörpern“. Zeitgleich arbeitete er am Max-Planck-Institut für Metallforschung, wurde 1965 Professor für Metallphysik an der Universität Göttingen und trat schließlich 1968 als Ordinarius eine Professur für Werkstoffwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum an, die er bis zu seiner Emeritierung 1995 inne hatte.
International gefragt - international geehrt
Als Bochumer Professor wurde Hornbogen zur Forschung und Lehre an Universitäten in den USA, Europa und Asien eingeladen und knüpfte so ein dichtes Netz wissenschaftlicher Kontakte. Neben seinen fachlichen Leistungen seien es dabei vor allem seine persönlichen Eigenschaften gewesen, die ihn „als Wissenschaftler erfolgreich und als Mensch beliebt“ haben werden lassen, wie sein Weggefährte und Laudator auf dem Clausthaler Werkstoffkolloquium, Professor Dr. Hans Warlimont berichtete. Hornbogens wissenschaftliche Erfolge haben ihm schon früh zahlreiche Ehrungen eingebracht: Allein in den 1960'er Jahren wurden ihm zwei US-amerikanische und ein deutscher Preis zugesprochen. Zuletzt ehrte ihn die japanische Gesellschaft für Materialkunde mit einer Ehrenmitgliedschaft.
Ein Denker alter Schule
Das Grundlagenlehrbuch über Werkstoffe, weitere Bücher über Metallkunde und Elektronenmikroskopie sowie eine Vielzahl von Publikationen in Zeitschriften sind das Ergebnis Hornbogens unermüdlicher fachlicher Aktivität. „Neben dem Gewicht seines fachlichen Urteils kennzeichnete Erhard Hornbogen vor allem aber seine große Offenheit gegenüber neuen Ideen“, so Warlimont. Es ließen sich eine Reihe von Arbeiten zu außergewöhnlichen Themen in Hornbogens Werk finden, wie etwa über das Gefüge von Meteoriten oder die Formeigenschaften von Polymeren. Diese scheinbar exotischen Interessen hätten sich jedoch schließlich zu substanziellen Forschungsthemen entwickelt, an denen inzwischen viele Wissenschaftler arbeiteten. „Professor Hornbogen ist ein Denker der alten Schule: Erst aus der fundierten Kenntnis vieler Bereiche und Disziplinen schöpft er Innovation und Kreativität.“ Professor Dr. Lothar Wagner vom Institut für Werkstoffkunde und Werkstofftechnik resümierte: „Selten bringt ein einzelner Wissenschaftler in seinem Leben eine solche Fülle an innovativen Ideen auf vielen Gebieten der Werkstofftechnik und der Materialwissenschaft hervor.“
Die Brücke zwischen verschiedenen Disziplinen zu schlagen, verbinde das Wirken des Jubilars mit seiner Alma Mater, so TU-Präsident Professor Dr. Edmund Brandt. „Professor Hornbogen hat in seinem Leben verfolgt, was auch die TU zu verwirklichen sucht: praktizierte Interdisziplinarität.“
Metalle mit „Erinnerungsvermögen“
Das Formgedächtnis von bestimmten Metalllegierungen, das Hornbogen in seiner Dissertation als Erster beschrieben hatte, gründet seinen Namen darin, dass diese Legierungen sich trotz einer starken Verformung an ihre ursprüngliche Formgebung „erinnern“ können. Wird zum Beispiel die Probe einer Legierung im kalten Zustand stark verformt, dann schnellt sie schlagartig in ihren ursprünglichen Zustand zurück, wenn sie auf erhöhte Temperatur gebracht wird. Wegen dieser Eigenschaft werden solche Legierungen auch „Memorymetalle“ genannt. Verwendung finden diese Werkstoffe heute zum Beispiel im Flugzeugbau als verformbare Tragflächen oder in der Medizintechnik als so genannte „Stents“ zur Stabilisierung von zuvor künstlich geweiteten Arterien.
Kontakt
Prof. Dr. Lothar Wagner
TU Clausthal
Institut für Werkstoffkunde und Werkstofftechnik
Technische Universität Clausthal
Agricolastr. 6
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Tel: 05323 - 72 2770