Maria Teresa Ostafin studierte Metallurgie an der Akademie für Bergbau und Hüttenwesen (AGH) in Krakau. 2001 schloss sie ihr Studium als Diplomingenieurin in der Studienrichtung „Metallkunde und Wärmebehandlung“ ab. An der TU Clausthal und am Institut für Metallurgie und Materialwissenschaften (IMIM) der Polnischen Akademie für Wissenschaften (PAN) promovierte die heute Neunundzwanzigjährige seit 2002. Sie war zwischenzeitlich Stipendiatin der Graduiertenförderung des Landes Niedersachsen „GradFög“. GradFög-Promotionsstipendien erhalten Bewerber, die weit überdurchschnittlich qualifiziert sind und deren Promotionsvorhaben einen wichtigen Beitrag zur Forschung erwarten lässt.
Ostafin ist die erste Wissenschaftlerin der TU, die ihre Doktorwürde nach der „Gemeinsamen Promotionsordnung“ der Clausthaler Hochschule erreicht hat, die eine gleichzeitige Promotion hier und an einer ausländischen Hochschule ermöglicht. In einer Art Pionier-Doppelpromotion hatte bereits im Herbst 2004 Clemens Först zugleich in Clausthal und an der TU Wien promoviert. „Hierfür war jedoch noch ein spezieller und aufwendiger Kooperationsvertrag zwischen den beiden Universitäten nötig“, erinnert sich Försts wissenschaftlicher Betreuer an der TU Clausthal, Professor Dr. Peter Blöchl. Die Doppelpromotion nach der neuen Promotionsordnung hingegen erfordert lediglich einen allgemeinen Kooperationsvertrag mit einer ausländischen Universität.
„Sehr gut“ in zwei Ländern - wirtschaftlich interessante Grundlagenuntersuchung
„Ich bin sehr glücklich, die Arbeit und die Prüfung gut überstanden zu haben“, sagt Ostafin. Dabei hatte die frisch gebackene Doktorin die Prüfung nicht nur gut, sondern sogar mit der Note sehr gut, oder „summa cum laude“, absolviert. „Ich war vorher sehr nervös, weil ich nicht in meiner Muttersprache, sondern in deutscher Sprache geprüft wurde.“
Die unkomplizierte Verständigung auf deutsch war möglich, weil die wissenschaftlichen Betreuer und Prüfer des IMIM, Professor Dr. Jan Pospiech und Dr. Sc. Krzysztof Sztwiertnia, mehrere Jahre an deutschen Universitäten tätig waren. Ostafins Clausthaler wissenschaftlicher Betreuer, Professor Dr. Robert Schwarzer, berichtet über die Kooperation mit dem polnischen Partnerinstitut: „Die tägliche wissenschaftliche Arbeit im Rahmen der Dissertation ist ganz unkompliziert verlaufen. Schließlich ist Wissenschaft an sich ja schon eine internationale Angelegenheit.“
Mit dem Thema ihrer Dissertation blieb Ostafin ihrer fachlichen Ausrichtung als Metallurgin treu: „Die Entwicklung der Walztextur in Kupfer, in der Magnesiumlegierung AZ31 und in Kadmium“ ist eine grundlegende Untersuchung der Einflüsse, die das Walzen auf die innere Struktur der Werkstoffe hat. „Die Erkenntnisse aus Frau Ostafins Arbeit helfen, diese Umformtechnik in der industriellen Fertigung zu optimieren“, erläutert Schwarzer. „Die Ergebnisse sind von hohem wissenschaftlichen und auch wirtschaftlichen Interesse.“
Ostafins Pläne für ihre eigene wissenschaftliche und wirtschaftliche Zukunft halten sie noch bis zum März nächsten Jahres in Clausthal: So lange arbeitet sie in einem Forschungsprojekt von Professor Dr. Joachim Deubener am Institut für Nichtmetallische Werkstoffe. Wo sie danach leben und arbeiten wird, stehe noch nicht fest. „Der deutsch-polnische Titel macht es mir sehr viel einfacher, mich in Deutschland zu bewerben“, berichtet die Polin. „Ich bin zuversichtlich, dass ich eine passende Herausforderung finde.“
TU-Doppelpromotionen mit Hochschulen weltweit
Die TU Clausthal ist eine der ersten Universitäten in Deutschland, die eine Doppelpromotion in den Ingenieurwissenschaften mit einem polnischen Partnerinstitut durchgeführt hat. „Für die Betroffenen im Rahmen des Bologna-Prozesses sind solche Doppelpromotionen eine große Chance, abseits von informellen Beziehungen auch formell in die Internationalisierung mit einbezogen zu werden“, sagt Professor Dr. Thomas Hanschke, TU-Vizepräsident für Studium und Lehre. „Wir freuen uns, dass die Möglichkeit, gleichzeitig hier und an einer Partnerinstitution zu promovieren, nun in Anspruch genommen wird, nachdem wir mit der Gemeinsamen Promotionsordnung die Voraussetzungen dafür geschaffen haben.“
Diese zukunftweisende Internationalisierung der wissenschaftlichen Ausbildung bleibe nicht auf die Zusammenarbeit mit osteuropäischen Hochschulen beschränkt. Das Angebot der TU Clausthal gelte auch für andere qualifizierte Universitäten weltweit, mit denen ein entsprechender Kooperationsvertrag abgeschlossen werden kann. „Die TU Clausthal ist dabei, diese Möglichkeiten auszubauen“, so Hanschke.
Ostafins zeitgleiche Promotion an der TU Clausthal und am IMIM der PAN in Krakau ermöglichte eine „Gemeinsame Erklärung“ der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der französischen Vereinigung der Universitätspräsidenten (CPU) aus dem Jahr 1997. Die HRK und die CPU hatten mit dieser Erklärung den Weg für eine deutsch-französische Doppelpromotion geebnet und damit eine Vorlage für weitere internationale Kooperationen dieser Art geliefert. Die TU Clausthal folgte dieser Vorlage 2005 mit ihrer Gemeinsamen Promotionsordnung.
Die Bemühungen der CPU und der HRK, binationale Promotionen zu ermöglichen, gehen auf eine Initiative des französischen Bildungsministeriums aus dem Jahr 1994, die so genannte „Cotutelle de thèse“, zurück. Sie ermöglichte zunächst deutschen Studierenden, einen zweiten Abschluss an einer französischen Hochschule zu erwerben. Inzwischen bieten mehrere deutsche Hochschulen Doppelpromotionen an. Besonders häufig wurde bisher in deutsch-französischen Kooperationen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Kontakt
Professor Dr. Robert Schwarzer
TU Clausthal
Institut für Physik und Physikalische Technologien
Leibnizstraße 4
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Tel.: 05323 - 72 2130
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