Beim Clausthaler Bier stimmt die Chemie. Im Rahmen der Wahlvorlesung „Theorie und Praxis der Bierbrauerei“ hat Professor Frank Endres, Leiter des Instituts für Elektrochemie der TU Clausthal, die Probe aufs Exempel gemacht. Mit einem Dutzend Studierenden hat der Wissenschaftler in der Zellerfelder Brauakademie zwei obergärige Biere gebraut: ein klassisches Altbier sowie ein hopfengestopftes Altbier.
In der Bergstadt Clausthal-Zellerfeld, genauer gesagt im damaligen Zellerfeld, darf seit 1532 Bier gebraut werden. Das Reinheitsgebot aus dem Jahr 1516 hatte die Zutaten dafür festgelegt: Wasser, Hopfen und Gerste. Dass das zur Bierbereitung notwendige „Zeug“ aus einzelnen Hefezellen besteht, wurde erst in den 1850er-Jahren mittels Lichtmikroskopie entdeckt. Heute werden rund 100 verschiedene Reinzucht-Hefen für die Bierbereitung genutzt. Der Geschmack wird durch die Hefe, den Brauvorgang, die Ausprägung der Zutaten und deren Mengen bestimmt. „Das sehr weiche Leitungswasser in Clausthal-Zellerfeld ist exzellent zum Brauen geeignet“, sagt Professor Endres. Den Beweis hat der Forscher bereits angetreten. Im Rahmen des Niedersächsischen Symposiums für Materialtechnik im Februar dieses Jahres hatte er drei Symposiums-Biere gebraut. Bei der Verköstigung fanden sie viel Anklang.
Wie die nun kreierten Studentenbiere munden, werden die Hobbybrauer in einigen Tagen wissen. „Etwa vier Wochen nach dem Brauen sind diese beiden obergärigen Biere schon gut trinkbar, haltbar sind sie bis zu einem Jahr“, erläutert Professor Endres. Als er die Studierenden in seiner Vorlesung fragte, ob sie Lust hätten, selbst Bier zu brauen, waren die meisten begeistert. „Sich noch tiefergehend mit den chemischen Prozessen dieser Jahrhunderte alten Tradition zu beschäftigen, ist interessant und macht Spaß“, so Alexander Gödde, der im Master Angewandte Chemie studiert. Mit seinen Kommilitonen tauscht er sich an diesem Wochenende im Sommersemester, an dem gebraut wird, intensiv über Einmaischen, Sudkessel und Gärbottich aus.
„Durch die Vorlesung und das Selberbrauen trinkt man Bier bewusster und achtet auf Malze, Stammwürze und Kalorienzahl“, sagt Julian Kusche, Studiengang Materialwissenschaft und Werkstofftechnik. Außerdem werde man experimentierfreudiger und teste verschiedene Sorten. Das selbstgebraute Altbier wird einen moderaten Alkoholgehalt von 5 bis 5,5 Prozent haben. Eine physikochemische und biochemische Analyse des Getränks wird ebenfalls im Rahmen der Vorlesung durchgeführt. Bei der Charakterisierung der Biere arbeiten die Brauakademie im Kunsthandwerkerhof, hinter der die Kurbetriebsgesellschaft „Die Oberharzer“ steht, und das Institut für Elektrochemie auch gemäß einem Kooperationsvertrag zusammen. Ziel ist es, die lange Biertradition in Clausthal-Zellerfeld zu erhalten und das Brauen bzw. den Geschmack des Getränks weiter zu verbessern.
Grundsätzlich gilt: „Pathogene Krankheitskeime können im Bier nicht überleben“, erklärt Professor Endres. Es könne höchstens zu Fehlgeschmack kommen, etwa nach Sellerie, Butter oder Sherry, im allerschlimmsten Fall sei das Bier einfach ungenießbar. Dies wollen die Studierenden bei ihren beiden Altbiervarianten selbstverständlich vermeiden. An zwei Tagen haben sie insgesamt rund 50 Liter gebraut. Bei der Verköstigung wollen sie sich mehr Zeit lassen.
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