Auf dem Weg zur „Industrie 4.0“, also zur Verzahnung von Prozessen und Abläufen mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik, sind Sensoren enorm wichtig. Sie bilden quasi die Sinnesorgane, die die Daten für die Digitalisierung erfassen. Forscher der TU Clausthal um Professor Wolfgang Schade (Institut für Energieforschung und Physikalische Technologien) haben mit der Außenstelle des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts in Goslar und der Miopas GmbH „Nerven aus Glas“ entwickelt. Sie ermöglichen eine virtuelle Steuerung von Maschinen in Echtzeit. Dank einer weltweit neuartigen faseroptischen Sensorik können dreidimensionale Bewegungen nahezu beliebiger Gegenstände erfasst werden.
Diese Fasersensorik wird zum Beispiel im industriellen oder medizinischen Umfeld im „Cyberglove“ eingesetzt: Ein solcher Handschuh steuert Roboter oder Antriebselemente, indem er die komplexen Bewegungsabläufe einer menschlichen Hand auf die Maschinen überträgt. Bisher werden zu dieser 3D-Formerkennung entweder drei einzelne oder komplexe Multikern-Glasfasern benötigt. Die Harzer Forscher haben es nun geschafft, diesen Prozess mit einer einzigen optischen Faser mit einem Durchmesser von nur 0,125 Millimetern zu realisieren. Aufgrund der geringen Masse, der Netzwerkfähigkeit sowie der Flexibilität ermöglicht dieses Nervensystem aus Glas eine Vielzahl völlig neuartiger Anwendungen. Zu sehen ist das Exponat „Cyberglove - virtuelle Maschinensteuerung mit Nerven aus Glas“ auf dem niedersächsischen Gemeinschaftsstand (Halle 6, A 18).
Auf demselben Stand stellen auch die Clausthaler Informatiker aus der Abteilung von Professor Matthias Reuter ihre Neuerung vor: eine biologisch inspirierte Innovation auf dem Gebiet der digitalen Bildverarbeitung. Gerade im Hinblick auf riesige Datenmengen werden schnelle und robuste Algorithmen für die Auswertung komplexer Bilddaten immer wichtiger. Den TU-Forschern ist es gelungen, mathematisch simple Algorithmen zu entwickeln, welche die generellen Prozesse der visuellen Vorverarbeitung der Netzhaut (Retina) nachempfinden.
In der Retina existieren Fotorezeptoren, die das einfallende Licht aufnehmen und in elektrische und chemische Potenziale übersetzen. Diese Impulse werden an nachgelagerte Zelltypen weitergegeben. Entscheidend bei diesem Informationsfluss ist das Umfeld eines Rezeptors: Die Nachbar-Rezeptoren beeinflussen sich gegenseitig in der Signalverarbeitung und können Impulse verstärken oder hemmen. Dadurch funktioniert es in der Natur, Kontraste zu verstärken, Objektkanten zu erkennen und homogene Flächen als irrelevante Information (für die Kantendetektion) herauszufiltern. Mittels der entwickelten bionischen Algorithmen wurden diese Informationswege nachempfunden. So gelingt durch die neuartige Clausthaler Software eine universell agierende Rauschunterdrückung, Kontrastverstärkung sowie eine Kantendetektion, was eine schnelle und robuste Auswertung von beliebigen Bilddaten ermöglicht.
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