Bundeswirtschaftsministerium fördert Gründungskultur an der TU mit 430.000 Euro

CLAUSTHAL. Viele ahnen gar nicht, was in ihnen steckt. Viele sehen sich in ihrer Berufsplanung nur im Angestelltenverhältnis. Von einer möglichen Rolle als Chef sind Studierende oft soweit entfernt, wie der Döner-Brater an der Ecke vom Global-Player. Bis sie an der TU Clausthal mit dem Thema Existenzgründung konfrontiert werden, zum Beispiel durch den Gründerservice oder in einer Veranstaltung vom Institut für Wirtschaftswissenschaft wie dem Seminar „Von der Idee zum Businessplan“. „Ich habe dadurch einen guten Eindruck davon bekommen, was es heißt, sich selbstständig zu machen“, sagt Benjamin Ruscheinsky. Der BWL-Student geht noch weiter: „Es bedeutet zwar jede Menge Arbeit, aber ich ziehe die Selbstständigkeit nun auf jeden Fall in Erwägung.“

In der Fachsprache heißt das: Studierende sind für das Thema Existenzgründung sensibilisiert und motiviert worden. Um diesen Gründergeist zu entfachen, wird die Technische Universität Clausthal künftig vom Bund unterstützt. Der Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung von Professor Wolfgang Pfau sowie die Stabsstelle für Technologietransfer und Forschungsförderung erhalten ab Oktober für drei Jahre Mittel aus dem Programm Exist III. Wirtschaftsminister Michael Glos fördert die Universität mit rund 430.000 Euro, damit sie im Projekt „start.on.top“ noch mehr für technologieorientierte Existenzgründungen im Harz tun kann. Die TU Clausthal ist neben der Uni Hannover die einzige niedersächsische Hochschule, die die diesjährige Antragsrunde erfolgreich abgeschlossen hat.

20 Firmenausgründungen in den vergangenen fünf Jahren

In den vergangenen fünf Jahren sind 20 Firmen aus der Oberharzer Wissensfabrik hervorgegangen. Nimmt man die drei Vorzeige-Unternehmen Sympatec, Sincotec und IFT hinzu, die sich schon vor der Jahrtausendwende verselbstständigt haben, „sind durch Ausgründungen aus der TU einige hundert Arbeitsplätze in Clausthal entstanden“, sagt Mathias Liebing. Der Leiter der betreffenden Stabsstelle glaubt an weitere Geschäftsideen: „Das Potenzial, das in der Hochschule schlummert, ist noch nicht ganz erschlossen.“

Bisher basiert der Gründerservice an der TU auf drei Säulen. Erstens auf der Einzelberatung. „Die ist ganz wichtig“, sagt Experte Liebing. In Clausthal übernimmt diesen Part Diplom-Ingenieurin Ulrike Hellwig. Das zweite Standbein bildet die Qualifizierung. Durch Ringvorlesung, Seminare und Workshops werden die „Macher von morgen“ unternehmerisch geschult. Dritter Pfeiler ist die Vernetzung. Auf Foren, Gründerstammtischen und Firmenbesuchen werden Erfahrungen ausgetauscht.

Professor Pfau Senatsbeauftragter für Existenzgründungen

Durch die Förderung des Bundesministeriums können die drei Bereiche ausgebaut und „aus Lehre und Forschung begleitet werden“, sagt Professor Pfau. Seit diesem Sommer ist er Senatsbeauftragter für Existenzgründungen. Er ist überhaupt der erste in dieser Funktion an der TU. Die Nähe zur Wirtschaft ist dem Präsidium wichtig. Betriebswirt Pfau hat bei acht Firmengründungen selbst mitgemacht. Seine Beobachtung: „Das Zeitfenster für eine Geschäftsidee wird kleiner, man muss sich permanent auf Neues einstellen.“ Die Zeiten, in denen eine gute Idee Generationen versorgt habe, seien vorbei.

Die Zeiten, in denen in Clausthal Bachelor- und Masterarbeiten zum Thema Unternehmensgründung geschrieben werden, dürften dagegen beginnen. Dabei soll der Fokus gerade auch auf internationale Märkte gerichtet werden, etwa auf die in China und Osteuropa. Zwei neue Stellen werden dafür am Institut von Professor Pfau geschaffen, eine halbe Stelle im Gründerservice.

Eines dürfe durch die intensivere Talentförderung allerdings nicht passieren: „Wir wollen niemanden in die Selbstständigkeit drängen. Man muss dazu auch geeignet sein und das nötige Durchsetzungsvermögen mitbringen“, betont Professor Pfau Andererseits kann auch denjenigen geholfen werden, die zwar eine prima Idee, aber das Unternehmerische nicht ganz so ausgeprägt in sich tragen. „Wir wollen sowohl die Geschäftsideen als auch die Gründernaturen ausfindig machen“, erklärt Mathias Liebing. Im Idealfall gilt anschließend: Aus zwei mach eins. Ein kreativer Kopf und ein unternehmerischer Geist entwickeln zusammen eine florierende Firma.

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TU Clausthal


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Christian Ernst


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Ein Beispiel für eine Ausgründung aus der TU Clausthal: die Firma PSL Systemtechnik. Geschäftsführer Dr. Jens Pfeiffer zeigt ein Messgerät, das in der Ölbranche eingesetzt wird.